Samstag, 11. Dezember 2010

Artenschwund gefährdet die menschliche Gesundheit

Wissenschaftler warnen vor der wachsenden Bedrohung für die menschliche Gesundheit, weil der Verlust der Artenvielfalt nicht zu einer Verringerung der Erregerzahl führt, sondern zu deren Steigerung.

Paradox! Aber warum?
Der Begriff "Ecosystem Services" fasst alle Dienste zusammen, die ein intaktes Ökosystem quasi kostenlos für den Menschen erledigt: Zum Beispiel Kohlenstoffdioxide binden, Wasser filtern, Dürre- und Erosions-Schutz, Nährstoffproduktion oder auch das Bestäuben von Kulturpflanzen durch Insekten. Müssten wir all dieses selbst durchführen, wäre dieses für uns nicht finanzierbar. Schon deswegen lohnt sich der Artenschutz.

Der Schutz und Erhalt der Artenvielfalt kann sich aber auch medizinisch lohnen: In einer großen Übersichtsstudie des Fachmagazin "Nature", kommen die Autoren um Felicia Keesing vom Bard College in Annandale (Bundesstaat New York) zu dem Schluss, dass auch der Schutz vor Infektionskrankheiten ein wertvoller Service des globalen Ökosystems ist.

Seit ca. 50 Jahren sinkt die Artenvielfalt im Tier- und Pflanzenreich rapide - auch, weil ihre Lebensräume landwirtschaftlichen Nutzflächen weichen müssen. Wie die Autoren schreiben, sei es theoretisch denkbar, dass aus Mangel an Wirten auch die Zahl der Krankheitserreger zurück gehen könnte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Zahlreiche Studien zeigen die Ausbreitung von Infektionskrankheiten.

Beispiel das West-Nil-Virus: Es wird von Stechmücken übertragen und befällt hauptsächlich Vögel, kann aber auch auf Säugetiere wie den Menschen überspringen. Wie die Forscher in ihrer aktuellen Übersichtsarbeit schreiben, haben seit 2006 drei unabhängige Studien einen bemerkenswerten Zusammenhang belegen können: Je geringer die Vogelvielfalt ist, desto höher ist das Risiko für den Menschen, an dem West-Nil-Fieber zu erkranken.

Die Wissenschaftler erklären den Zusammenhang so: Wenn die Zahl der Vogelarten sinkt, scheint sich die Spezies durchzusetzen, die für den Virus ein besonders guter Wirt ist. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Moskito den Erreger auf den Menschen überträgt.

Die Wissenschaftler warnen, dass die Barriere zwischen Erreger, Tier und Mensch, immer kleiner wird. Im US-amerikanischen Bundesstaat Connecticut zum Beispiel könnte die Zahl der Borreliose-Erkrankungen bei Menschen bald ansteigen. Der Artenschwund dort hat dazu geführt, dass mehr Zecken den Erreger in sich tragen.

Gefunden im Spiegel